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AutorenbildRemigiusz Noske

Störung der Geschäftsgrundlage wegen Corona im Gewerbemietrecht – Neues Gesetz beschlossen!

Mit Ausnahme der Geschäfte im Einzelhandel, die zur Grundversorgung gehören, gilt seit dem 16.12.2020 bundesweit eine staatlich angeordnete Schließungsverfügung. Bereits die im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 angeordneten Schließungen führten zwischen Vermietern und Mietern zu Streitigkeiten hinsichtlich der Frage, ob z.B. Mietminderung greift oder eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB vorliegt. Viele Landgerichte haben sich auf die Seite der Vermieter gestellt und damit argumentiert, dass die staatlich angeordnete Schließung lediglich den Betrieb untersage. Das Betriebsrisiko liege bei dem Gewerbetreibenden und nicht beim Vermieter. Die Mietsache sei nicht mangelhaft, sodass eine Mietminderung nicht gerechtfertigt ist ( so z.B. LG Stuttgart, Urteil v. 19.11.2020, 11 O 215/20; LG Frankfurt, Urteil v. 2.10.2020, 2-15 O 23/20; bejahend: LG Mönchengladbach, Urteil v. 2.11.2020, 12 O 154/20; LG München I, Urteil v. 22.9.2020, 3 O 4495/20).


Der Gesetzgeber hat nun auf die Rechtsunsicherheit reagiert und am 17.12.2020 das „Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht“ – Bundestag Drucksache 19/25251 – verabschiedet. Es handelt sich dabei um eine Änderung des bisherigen Gesetzes vom 27.03.2020 zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht. Die Gesetzesänderung ist am 31.12.2020 in Kraft getreten und bewirkt folgende Änderungen:


Im Rahmen der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wird eine gesetzliche Vermutung dahingehend angestellt, dass die Corona-bedingten Schließungen zu einer schwerwiegenden Veränderung der vertraglichen Grundlage zwischen den Mietparteien führen und so der Anwendungsbereich für eine Vertragsanpassung eröffnet wird.


Der Gesetzgeber hat dem Artikel 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) einen neuen § 7 angefügt, der wie folgt lautet:


Art. 240 § 7 EGBGB Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen

(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 des BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.


Art. 240 § 7 EGBGB stellt nun eine Vermutung für den Tatbestand der schwerwiegenden Veränderung von Umständen nach § 313 BGB auf. § 313 BGB ermöglicht nach bisheriger Rechtslage unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages, soweit sich Umstände nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert haben. Für Mietverträge kann dies während der staatlich angeordneten Beschränkungen insbesondere zu einer Anpassung der Miethöhe führen.

Nach der neuen gesetzlichen Regelung besteht zugunsten des Mieters eine widerlegbare Vermutung, dass die staatlichen Maßnahmen zu der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie zu einer schwerwiegenden Veränderung der vertraglichen Grundlage zwischen Mieter und Vermieter führen. Das gilt allerdings nur soweit der Mietgegenstand aufgrund der staatlichen Maßnahme für den Betrieb des Mieters nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Einschränkungen verwendbar ist. Zur Begründung des Gesetzes führt der Gesetzgeber aus:


„Eine erhebliche Einschränkung liegt zum Beispiel regelmäßig in einer staatlichen Vorgabe, nur einen bestimmten Teil der Ladenflächen für Publikumsverkehr zu nutzen oder die Anzahl der Personen zu beschränken, die sich auf einer bestimmten Fläche aufhalten dürfen“.


Die gesetzliche Vermutung führt allerdings nicht dazu, dass der Mieter per se einen Anspruch auf Vertragsanpassung gegen den Vermieter hat. Der Vermieter kann sich trotz der nunmehr gesetzlich vorgesehenen Vermutung gegen eine Vertragsanpassung zur Wehr setzen. Der Vermieter kann etwa die Vermutung widerlegen, falls der Mietvertrag zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, in dem eine pandemieartige Ausbreitung des Coronavirus in der breiten Öffentlichkeit bereits absehbar war. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Mietvertrag in Kenntnis einer möglicherweise bevorstehenden schwerwiegenden Veränderung des Wirtschaftslebens geschlossen wurde. Ferner besteht ein Anspruch des Mieters auf Vertragsanpassung auch nur dann, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 313 BGB erfüllt sind. Der Mieter muss weiterhin darlegen und beweisen, dass ihm aufgrund der staatlichen Maßnahme ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Ob eine Unzumutbarkeit vorliegt, hängt insbesondere davon ab, wie schwerwiegend sich die staatlichen Beschränkungen auf den konkreten Betrieb. Dies muss im Einzelfall geprüft werden. hat der Mieter z.B. staatliche Hilfen in Form von Zuschüssen erhalten, oder Kurzarbeit der Mitarbeiter angemeldet, so kann dies gegen eine Unzumutbarkeit sprechen.


Der Gesetzgeber zielt mit der Änderung darauf ab, der Rechtsunsicherheit dadurch zu begegnen, indem er hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 313 BGB für bessere Klarheit sorgt. Ferner soll der Gewerbemieter dazu veranlasst werden, in Verhandlungen mit dem Mieter zu treten. Nichtsdestotrotz scheut sich der Gesetzgeber davor, eine Entscheidung dahingehend zu treffen, ob ein Mietmangel nach § 536 BGB gegeben ist. Wäre dies nämlich der Fall, so wäre eine Mietminderung vorrangig von einer Vertragsanpassung vorzunehmen, so dass es auf eine Störung der Geschäftsgrundlage nicht mehr ankäme. Es verbleibt damit, wie bereits im Frühjahr 2020 dabei, dass für jeden Einzelfall zu prüfen ist, ob ein Mangel an der Mietsache vorliegt, der eine Mietminderung rechtfertigt.


Bei Rückfragen und Beratungsbedarf stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.



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